Mural 2020: “Flores y Semillas” in El Tomatal, Oaxaca

Skizze des Wandbildes, Emma Sosa Moreno

Am 22.Dezember 2020 hat die Künstlerin Emma Sosa Moreno das Wandbild “Flores y Semillas” fertig gestellt, das dank der finanziellen Unterstützung durch vebs e.V. im Zeitraum Mai bis Dezember 2020 umgesetzt werden konnte.

Wir danken allen Spender*innen, die dieses Projekt möglcih gemacht haben!

Das Wandbild “Flores y Semillas” (Blumen und Samen) sollte ursprünglich in den Verkaufsräumen der gleichnamigen Frauen*kooperative realisiert werden. Im Zuge der Corona-Krise hatte die Kooperative jedoch so starke Umsatzeinbußen, dass sie im Sommer 2020 den Mietvertrag für die Verkaufsräume und Produktionsstätte auflösen musste. Dank des Engagements der Frauen* von „Flores y Semillas“ und des Bürgermeisters von El Tomatal ergab sich die Möglichkeit, das Wandbild an der Außenfassade des Rathauses zu realisieren, um die Arbeit der Frauen*kooperative auf diese Weise zu würdigen – und in den Kontext der Biodiversität der Küstenregion zu stellen.

Hintergrundinformationen zur Frauenkooperative und ihrem Beitrag zur wirtschaftlichen und politischen Emanzipation der Frauen*
Die Frauen* kooperative Flores y Semillas aus der Gemeinde El Tomatal (Agencia Santa Maria Colotepec) in der Küstenregion Oaxacas produziert ökologische Lebensmittel aus den Früchten der Region, unter anderem aus Erdnüssen, Sesam, der Jamaika-Blume und anderen saisonalen Früchten. Die Frauen* waren und sind stolz darauf, dass sie eine Produktionsstätte errichten und einen Raum schaffen konnten, an dem sie ihre ökologischen Waren herstellen und verkaufen konnten. So waren sie in der Lage, den Lebensunterhalt für ihre Familien zu erwirtschaften und ein würdevolles Leben zu leben. Corona und die Pandemie-bedingten Einschränkungen haben ihr Projekt nun wieder ein Stück weit zurück geworfen.
Für das, was sie bis zum Frühjahr 2020 erreicht hatten, haben sie hart kämpfen müssen.
Die Frauen*kooperative gründete sich vor ca. 20 Jahren mit 30 nebenberuflich tätigen Mitgliedern. 2020 setzt Flores y Semillas sich aus sechs Frauen* zusammen, die – bis zum beginn der Corona-Krise – alle in Vollzeit arbeiteten. Diese Frauen* hielten dem Druck, den Anfeindungen und den Hürden stand, die ihnen von verschiedenen Seiten, auch aus der Gemeinde selbst, begegneten. Sie hielten in gemeinsamer Anstrengung die Kooperative am Leben und entwickelten sie weiter. Sie vermarkteten ihre Produkte in ihrer Region, in der Landeshauptstadt Oaxaca und in Mexiko Stadt. Dies weckte jedoch immer wieder Neider in der Gemeinde und männliche Gemeindemitglieder versuchten wiederholt, sie aus ihrer Werkstatt räumen zu lassen. Die Frauen* wurden angezeigt und mit Mord bedroht. In der stark machistisch geprägten Gemeinde stieß das Engagement und das erfolgreiche Wirken der Frauen* immer wieder auf Abwehr.

Das Mural „Flores y Semillas“ in El Tomatal im Entstehen

Motivation und Idee für das Wandbild
Die Hürden und Anfeindungen, mit denen die Frauen* konfrontiert waren, motivierten die Künstlerin Emma Sosa Moreno dazu, ein Wandbild in ihrem Verkaufsraum realisieren zu wollen. Auch in den deutschen Medien hört man einiges von der Gewalt gegen Frauen* in Mexiko. Die Morddrohungen gegen die Frauen* der Kooperative hatten bis zum Frühjahr 2020 glücklicherweise nachgelassen und der aktuelle Bürgermeister der Gemeinde erwies sich auch als unterstützend. Aber in diesem Klima von Gewalt und Straflosigkeit erschien und erscheint es weiterhin sehr wichtig, Frauen*gruppen zu stärken und ihr Engagement zu würdigen.
Nun hat die Pandemie geschafft, was die machistische Gewalt und Bedrohung zuvor nicht erreicht hatten: der Umsatz der Kooperative brach im Zuge des Shutdown so stark zusammen, dass die Frauen ihre Räume aufgeben und die Produktion stark zurück fahren mussten. Wir hoffen, dass sie ggf. in der Zukunft, wenn die Pandemie “überstanden” ist, wieder neue Räume werden anmieten und wieder von der Arbeit in der Kooperative werden leben können.
Realisierung des Wandbildes an der Fassade des Rathauses
Erfreulicherweise kann das Wandbild auf der Außenfassade des Rathauses von El Tomatal veröffentlicht werden. Damit wird die Arbeit von Flores y Semillas öffentlich gewürdigt und kann hoffentlich anderen, jüngeren Frauen* aus der Gemeinde als Vorbild und Inspiration dienen und sie zu wirtschaftlichem und politischem Engagement ermutigen.
Über die Aufmerksamkeit, die mit dem Wandbild und der begleitenden Öffentlichkeitsarbeit geschaffen wird, kann es ganz allgemein für die Gleichberechtigung und Selbstbestimmung von Frauen* und Mädchen* “werben”. Für die Frauen* der Kooperative und in der Gemeinde kann es auch eine Art Schutz darstellen und im besten Fall sogar Mut machen für die Zeit “nach Corona”. Die Frauen* der Kooperative könnten das Bild dann für ihr Marketing und für eine noch einzurichtende Internetseite nutzen. Erste (englischsprachige) Informationen zu Flores y Semillas finden sich im Internet bisher hier.
Projektziele
Im aktuellen Projekt in El Tomatal liegt der Schwerpunkt auf einer Gruppe von Frauen*, die sich für eine ökologische und genossenschaftliche Wirtschaftsweise und für die ökonomische Unabhängigkeit von Frauen* engagiert. Es geht hier vor allem um das solidarische Schaffen von Frauen*, das auch den jüngeren Frauen* in der Gemeinde und den Frauen* aus anderen mexikanischen und lateinamerikanischen Gemeinden Mut machen soll. Mit dem Mural soll die Rolle der Frauen*kooperative Flores y Semillas für das (Selbst-) Empowerment von Frauen* der Region, für eine ökologische und demokratische Wirtschaftsweise und für die Entwicklung der Gemeinde sichtbar und nachvollziehbar werden.
Dies sollte zu einer stärkeren Wertschätzung ihres Beitrags in der Gemeinde führen und auch dazu, dass ihre Stimmen in der Gemeindeversammlung Gehör finden und andere Frauen* ihrem Beispiel folgen. Insbesondere die jüngeren Frauen* sollten sich ermutigt und angeregt fühlen, sich am wirtschaftlichen und politischen Gemeindeleben stärker zu beteiligen. Sie sollten dabei auch die Unterstützung der Männer* der Gemeinde erfahren. Gleichzeitig sollten sie durch das Beispiel der älteren Frauen* dazu angeregt werden, sich gegenseitig zu unterstützen, wenn es darum geht, ggf. auch gegen die Widerstände der Männer* ihre Projektideen umzusetzen, Verantwortung zu übernehmen und diverse private und öffentliche Arbeiten und Aufgaben umzuverteilen.
Das Wandbild kann die Gemeinde über Generationen begleiten. Es wird einen Ausschnitt aus der Geschichte der Ortes, die Bedeutung der wirtschaftlich-ökologischen und politischen Partizipation von Frauen* klar machen und lebendig halten.

Detail aus dem Wandbild in El Tomatal